Bereich: Fördertechnik

Auf dem Weg zum autonomen Outdoor-Stapler

Im Zuge des Forschungsprojektes "KAnIS" von Linde MH und der TH Aschaffenburg wurden innovative autonome Gegengewichtsstapler entwickelt, die fortschrittliche Sensorik und KI-Technologien nutzen. Die neuen Stapler gewährleisten ein sicheres Agieren in verschiedenen Umgebungen und umfassen Neuerungen wie ein Sensor-Reinigungssystem und ein KI-gesteuertes System für autonomes Laden.

crash test dummys beim test autonomer stapler
Ein zentraler Aspekt des Forschungsprojekts „KAnIS – Kooperative Autonome Intralogistik Systeme“ war die Kooperationsfähigkeit der autonomen Stapler. Durch die Nutzung eines 5G-Netzes und eines Edge-Servers sind die Fahrzeuge in der Lage, Daten in Echtzeit auszutauschen und sich gegenseitig in kritischen Situationen zu alarmieren.
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Bei einer eindrucksvollen Live-Demonstration auf dem Testgelände des Werks Aschaffenburg stellten Linde Material Handling (MH) und die Technische Hochschule Aschaffenburg (TH AB) am 5. Dezember 2023 die Resultate ihres Forschungsprojekts „KAnIS – Kooperative Autonome Intralogistik Systeme“ vor.

Im Rahmen des Projekts wurden innovative Lösungen für autonome Gegengewichtsstapler entwickelt, um auch bei schwierigen Einsätzen im Innen- und Außenbereich effizient mit Lasten umgehen zu können. Der Fokus lag dabei auf dem kooperativen Verhalten, welches es den Fahrzeugen ermöglicht über ein 5G-Netz und einen Edge-Server miteinander zu kommunizieren und sich in Echtzeit gegenseitig vor Hindernissen zu warnen. Die nahezu vierjährige Forschung wurde durch das FuE-Programm „Informations- und Kommunikationstechnik“ des Freistaates Bayern mit etwa 2,8 Millionen Euro unterstützt.

Als eines der führenden Unternehmen in der Branche möchte Linde MH die Vorzüge autonomer Fahrzeuge in Zukunft auch Kunden zur Verfügung stellen, die Gegengewichtsstapler für den Transport von Waren oder zum Be- und Entladen von Lkws nutzen. 

Das Hauptziel des Projekts war es, zu erforschen, wie das kooperative Verhalten vernetzter, autonomer Fahrzeuge die Betriebszuverlässigkeit und Umschlagsleistung steigern kann. Dazu wurden verschiedene Teilprojekte initiiert, die sich mit Themen wie Lokalisierung, Steuerung, Kooperation, Ladungsträgererkennung, Umgang mit Witterungseinflüssen, vorausschauender Wartung, Routenoptimierung und automatischem Lademanagement befassten.

Härtetests unter Realbedingungen

In praxisnahen Testszenarien unter Realbedingungen wurden vier automatisierte Elektro-Gegengewichtsstapler Linde E20, E25 und E30 mit Tragfähigkeiten von 2,0 bis 3,0 Tonnen eingesetzt. Diese wurden mit einer elektrohydraulischer Lenkung (Linde Steer Control), dem Assistenzsystem Linde Safety Pilot und einem integrierten Zinkenverstellgerät ausgestattet. Ab dem nächsten Jahr sollen die Fahrzeuge weiterentwickelt und getestet werden, um spezifische Materialfluss-Aufgaben im Werk zu übernehmen. Dazu zählen der Transport von Gitterboxen und Paletten mit Batterien sowie von Fahrzeugrahmen und Fahrerschutzdächern, die auf speziellen Ladungsträgern von den Vormontage- an die Hauptmontagelinien gebracht werden.

Die ersten beiden Einsatzbereiche sind ausschließlich Outdoor-Anwendungen, während bei den anderen beiden die Stapler sich sowohl innerhalb als auch zwischen den Hallen bewegen. Die Fahrzeuge müssen hierbei Steigungen bis zu 8 Prozent bewältigen und teilen sich den Raum mit anderen AGVs sowie manuell gesteuerten Fahrzeugen. Um Paletten, Gitterboxen und Metallgestelle auch in nicht perfekt ausgerichteten Positionen aufnehmen zu können, sind die vier KAnIS-Stapler mit einer beweglichen Kamera ausgestattet, die zwischen den Gabelzinken angebracht ist. Diese Kamera misst die Position der Lastenträgertaschen, um die Gabelzinken präzise über den Seitenschieber zu positionieren. Darüber hinaus wurden auch der Fahrzeugrahmen, die Batterietür und das Gegengewicht der Testgeräte entsprechend konstruktiv modifiziert. 

Die Fahrzeuge nutzen innerhalb der Hallen Laserscanner zur Lokalisierung. Im Außenbereich wird ein Differential-GPS (Global Positioning System) eingesetzt, eine Methode zur Erhöhung der GPS-Präzision.  Beim Wechsel vom Innen- in den Außenbereich kommen zusätzlich lokale Sensoren zum Einsatz. Im Gegensatz zu manuell betriebenen Staplern bewegen sich die automatisierten Modelle auf festgelegten Routen stets rückwärts, um bei einer Notbremsung das Herunterfallen der Ladung von den Gabelzinken zu verhindern. 

Stapler und Umgebung in permanentem Austausch

Das Forschungsprojekt legte einen besonderen Fokus auf die Wahrnehmung der Umgebung der automatisierten Stapler, um eine sichere Interaktion mit anderen Verkehrsteilnehmern zu gewährleisten. Neben den Sensoren der Personenschutzeinrichtung sind die Fahrzeuge deshalb zusätzlich mit 3D-Scannern und HD-Kameras ausgestattet. Diese Kameradaten sind essenziell für die Erkennung, Klassifizierung und Lokalisierung von Objekten mittels Künstlicher Intelligenz (KI), was es den Staplern ermöglicht, ihre Geschwindigkeit anzupassen und im Bedarfsfall bis zum Stillstand abzubremsen. Ein zentraler Aspekt des Projekts war zudem die Bewältigung von kritischen Situationen, die auftreten können, wenn sich andere Verkehrsteilnehmer im toten Winkel der Staplersensoren befinden und sich auf den Fahrweg zubewegen. In solchen Fällen ist die Kooperation zwischen den Staplern entscheidend. Ein nahegelegener Stapler kann hier wertvolle Informationen bereitstellen, vorausgesetzt die Datenübertragung erfolgt in Echtzeit. Um diese geringen Latenzen zu erreichen, wurde im Werk Aschaffenburg ein privates 5G-Netzwerk implementiert. Die Perzeptionsdaten der Stapler werden dabei an einen Edge-Server gesendet, der eine umfassende Liste aller erkannten Objekte erstellt und diese Informationen an die Stapler zurücksendet.

In Testszenarien wurde ein Crashtest-Dummy verwendet, der unerwartet hinter einer Wand hervortritt und auf die Fahrstrecke läuft. Ohne kooperative Systeme kann der automatisierte Stapler nicht frühzeitig anhalten und kollidiert mit dem Dummy. Bei Erhalt von Echtzeitinformationen eines anderen, in der Nähe befindlichen Staplers kann das Fahrzeug jedoch die Gefahr vorzeitig erkennen und entsprechend abbremsen. Da aber nicht immer ein zweiter Stapler in der Nähe sein wird, wurden entlang der geplanten Routen der KAnIS-Stapler acht stationäre 3D-Laserscanner an wichtigen Kreuzungen und Durchfahrten installiert. Die von diesen Scannern erfassten lokalen Objektlisten werden ebenfalls auf dem Edge-Server zusammengeführt und allen Fahrzeugen zur Verfügung gestellt.

Reinigung von Sensoren und Batterieladen per Roboter

In einem weiteren Arbeitspaket konzentrierte man sich darauf, wie die bodennah montierten optischen Sensoren gereinigt werden können, insbesondere wenn sie durch Spritzwasser bei Regen oder nasser Fahrbahn verschmutzt sind. Eine unzuverlässige Objekterkennung durch verschmutzte Sensoren würde dazu führen, dass die Sicherheitseinrichtungen den Stapler automatisch stoppen. Um dies zu vermeiden, entwickelte das Team ein Reinigungssystem, das mittels Druckluft die auf den Laserscannern angesammelten Schmutzwassertropfen entfernt.

Zusätzlich befasste sich ein weiteres Team mit der Entwicklung von Lösungen für das autonome Aufladen der Staplerbatterien. Als Lösung wurde ein KI-basierter Roboter gewählt, der den Ladevorgang automatisiert, indem er den Ladestecker mit der Ladebuchse des Staplers verbindet. Um dies zu ermöglichen, wurde das Heck des Staplers modifiziert und mit einer automatisch betriebenen Ladeklappe ausgestattet, die die Ladebuchse vor Verunreinigungen und Spritzwasser schützt. 

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